Natürlich war sie sich vollkommen darüber im Klaren, dass Rick locker allein mit der Neugeborenen fertig wurde, doch in Anbetracht der Tatsache, dass er sich so schusselig angestellt hatte, konnte sie es dem König nicht verdenken, dass er Bedenken darüber äußerte. Ohne Rick einen Blick zu schenken neigte sie den Kopf mit einem zufriedenen Lächeln, ihrem Herrn einen Wunsch erfüllen zu können. „Sehr wohl, Herr. Wenn Ihr es gestattet, würde ich auch gern meine restlichen Krieger wieder abziehen und auf ihre Posten schicken, nur zur Sicherheit“ Sie wusste, dass es den Kriegern wohl weniger gefallen würde und doch würden sie sich dem Urteil des Königs beugen, wenn schon nicht ihrem Befehl. Sicher stand eine Einladung Ihrer Majestät höher als ihre Bemächtigung über die Rasselbande zu verfügen, doch das war kein Grund das vollkommen auszunutzen, zumindest sah Ash das so. Als Rick Anstalten machte den Mund zu öffnen, sei es um den indirekten Befehl gutzuheißen oder viel eher ihn anzuzweifeln, warf sie ihm einen mehr als warnenden Blick zu und bleckte leicht ihre Fänge. Er würde es nicht wagen noch unverschämter zu werden! Es stand trotz seiner Totenquote nicht sehr hoch im Ansehen der Königsfamilie, dafür machte er zu viel Ärger und war zu unberechenbar, also sollte er lieber die Klappe halten und hoffen, dass wenigstens sie selbst ihm gnädig gestimmt wäre, wenn sie wiederkam.

Er spürte den Blick des Königs auf sich wie einen hellen Strahl der ihn durchleuchtete und wie einen Schatten an die Wand warf, was in ihm vorging. Etienne, ihrem Herrscher, konnte man nichts vormachen, so sehr man sich auch bemühte – und er hatte sich stets sehr bemüht. Vielleicht war das der Grund, weshalb er den Krieger nicht so sehr mochte wie die anderen, aber seine ständigen Frauengeschichten, Ausraster und all die anderen Schwierigkeiten, die er ihnen bereitete trugen vielleicht auch ein wenig dazu bei, weswegen ihn nicht überraschte, dass ihm der König einen Strich durch seine soeben angestellte Rechnung machte. Natürlich würde es ihm nicht gestattet sein sich allein um diese Kreatur zu kümmern, nein – er sollte einen Aufpasser bekommen, richtig? Aber die Wortwahl seines Herrn ließ seine Augen dennoch leicht empört emporschnellen. Verstärkung? War das sein Ernst? Als bräuchte er Verstärkung bei einem derart schwächlichen Neugeborenen der noch dazu nicht mehr bei klarem Verstand und noch dazu ein Weibchen war! Sein gekränkter Stolz meldete sich auf der Stelle und er wollte widersprechen, als er Ashlees Blick auffing, ehe er den Mund überhaupt öffnen konnte. Seine Kiefer pressten sich aufeinander und er senkte den Blick wieder, während er der Konversation der beiden lauschte, darauf wartend, dass sie gingen, damit er die Gefangene in den Garten zerren und seine Wut an ihr auslassen konnte.

„Natürlich.“ Mehr war es nicht, was über seine Lippen kam. Lediglich ein angedeutetes Nicken unterstrich das Wort des Königs. Die erste Kriegerin sollte tun, was sie in Bezug auf ihre Krieger für richtig hielt und es war wohl nur ratsam, die Krieger wieder auf ihre Posten zu verweisen. Wenn die Wildgewordene tatsächlich nicht von Morgion stammte, dann war ein weiterer ‚Angriff‘ auf die Villa unwahrscheinlich und doch galt es kein Risiko einzugehen. „Ich werde mich dann wieder in den Saal zurück begeben. Falls weiter Komplikationen“, seine Augen verrieten, dass er einen erneuten Blick über seine Schulter werfen wollte, „auftreten sollten, möchte ich darüber in Kenntnis gesetzt werden. Allerdings hoffe ich inständig, es sich damit für diesen Abend erledigt hat.“ Tief sog Etienne die Luft in seine Lungen. Kaum zu überhören war, dass eine leise Drohung in der Stimme des Herrschers mitschwang und sich über dem Kopf des Kriegers aufbäumte und hin und her pendelte, wie ein scharfes Schwert. Ein eindringlicher Blick galt Ashlee, dann setzte er auch schon auf die Tür zu, wartete allerdings nur wenige Sekunden in der Tür, als wüsste er, dass die Kriegerin den Weg mit ihm zurück in den Saal antreten würde. Dann schritt er aus der Küche heraus...

Sie konnte in seinen Augen sehen, wie sehr er Widersprechen wollte, wie es ihm in den Fingern juckte sich gegen das Urteil zu wehren und offenbar reichte sein Mauljucken so weit, dass er selbst ihr einen düsteren Blick zuwarf, doch ohne auch nur Luft zu holen senkte er schließlich den Blick, was sie mit Genugtuung erfüllte. Scheinbar hatte sie doch noch etwas Kontrolle über ihre Krieger. Während sich ihre ganze eisige Wut auf Rick konzentriert hatte, war davon nichts mehr zu spüren, als sie sich Etienne zuwandte. „Natürlich, Herr“ Ihre Miene strahlte förmlich vor Glück ihm zu Diensten sein zu können und so folgte sie ihm auf dem Schritt, um ihre Krieger sogleich zusammenzufalten und auf ihre Posten zu schicken. „Ganz wie Ihr Wünscht!“ Während sie ihm ein braves Lächeln schenkte, wandte sie sich noch einmal um und funkelte Rick an, deutete mit der Hand auf ihn und anschließend auf die Tür zum Garten. Sie brauchte keine weiteren Worte, um ihm verständlich zu machen, was er nun zu tun hatte. Schließlich wandte sie sich wieder um, sah, dass Etienne scheinbar auf sie gewartet hatte und vor Stolz und Ehrfurcht strahlend folgte sie ihm in den großen Saal.

Oh wie unfair das alles war! Sein Blick war auf den Nacken der Bestie vor ihm gerichtet, als wolle er ihn mit bloßen Blicken packen und die vordere Hälfte davon mit einem seiner Dolche aufschlitzen. Gleich, gleich würde er seine Rache bekommen und wenn er sich beeilte, dann war er mit ihr fertig, noch bevor er ein paar Zeugen bekam. Die Worte des Königs waren wie eiskalte schwarze Messer, die sich in seinen Stolz bohren und immer tiefer vordrangen. Während die beiden Anstalten machten zu gehen, hob er den grimmigen Blick und begegnete Ashlees Augen. Seine Geste spannte ihn wirklich auf die Folter, denn gerade jetzt sollte er es nicht zwingend wagen die Augen zu verdrehen. Er hatte schon verstanden und er wartete tatsächlich nur noch wegen ihnen hier, sonst wäre er längst an die Arbeit gegangen. Nachdem ihn beide allein gelassen hatten drang ein drohendes Grollen aus seiner Brust, während er seinen Dolch bereits in seinem Halfter spüren konnte, welches sich eng an seine Brust drückte, die sich nun langsam zu spannen begann. „Na dann wollen wir ein Tänzchen wagen, meine Teuerste, huh?“ Mit einem finsteren Ausdruck in den Augen, die nach Rache schrien, zerrte er sie zur Küchentür und durch die Halle hinaus vor die Villa, wo er schließlich gestattete einen ihrer Arme zur Verteidigung zu nutzen. Sie einfach so aufzuschlitzen hätte doch keinen Spaß gemacht…